Wie im Rausch tanzte die Jugend in die 1970er Jahre: Die sexuelle Revolution und die Hippiekultur, Bhagwan, LSD und Flowerpower sowie die 68er Straßenrevolten der APO gegen das Establishment und das Vietnam-Desaster hatten die Welt unruhig gemacht und geprägt. Die Swinging Sixties, vom Woodstockfestival, Michelangelo Antonionis Film „Blow Up“, dem Rolling-Stones-Hype, der Londoner Carnaby Street und von „Sgt. Pewpper’s Lonely Hearts Club Band“ der Beatles geprägt, gingen unter in einem wahren, psychodelischen Farbrausch.
Models und Designer der 70er
Genauso farbberauscht wurde die Mode der 70er Jahre zuerst repräsentiert vom superdürren englischen Model Twiggy Lawson. Großbritanniens Modedesignerin Mary Quant hatte den Minirock kreiert und den bekannten, nachhaltigen Hype indiziert. Die passenden farbigen Tights kamen von spanischen Modedesigner Cristobal Balenciaga. Von Mary Quant stammen auch PVC-Stiefel und Regenmäntel. Weil PVC eigentlich nur das Material von Tischdecken und Bodenbelägen war, löste Quants „Wet Collection“ in der Mode der 70er ebenfalls Furore aus, die ihr letztendlich die Auzeichnung mit dem „The Most Excellent Order of the British Empire“ durch HRH Elisabeth II. einbrachte. Mit der glatten Föhnfrisur und ihrem kindlichen Typ war Twiggy im Mary-Quant-Look das britische Topmodel und Synonym der ausgehenden 1960er Jahre und der beginnenden 70er. Die schrillbunten Paisleymuster aus der Mode der 70er, heute wieder oft in den Kollektionen von Gucci, Etro, Burberry oder D&G zu sehen, waren am Anfang des Jahrzehnts in der Mode der 70er absolut en vogue.Neben London waren Milano und New York Zentren der weltweiten Fashioncommunity, Paris aber war das Herz, die Stadt der Mode, auch der Mode der 70er.
Mode der 70er
Weil Mode immer auch Ausdruck des Zeitgeistes ist, hatten Blümchen- und Paisleymuster, schmale, einfache Schnitte, bodenlange Maxiröcke, Golfhosen und Hosen mit Schlag Hochkonjunktur in der Mode der 70er, alles inspiriert von den Hippies und den Alternativen mit ihren Strick- und Häkelnadeln. In Paris waren es besonders die erfolgreichen Designerinnen Sonia Rykiel und Dorothee Bis, die diese Trends aufnahmen. Und so gingen die spindeldürren Mannequins mit Plateauschuhen zu selbst gestrickt anmutenden Pullundern und Häckelröcken, Schlauchkleidern und Strickanzügen über die Laufstege. Wallende Lockenfrisuren, Samtanzüge und opulenter Klimperschmuck machten am Abend die Mode der 70er zur Romantikorgie.
Über das alles berichtete die Journalistin Antonia Hilke in “Neues vom Kleidermarkt“ in einer unvergleichlichen Mischung aus Schnodderigkeit, modischem Sachverstand und Fashionshow im deutschen Fernsehen.
Marie Louise Steinbauer, bekannte TV-Moderatorin und selbst erfolgreiches Mannequin, war eine weitere deutsche Fashionikone und Wolfgang Joop etablierte sein Label „Joop!“ erstmals im Jahr 1970. Karl Lagerfeld gründete 1974 sein erstes eigenes Label „Karl Lagerfeld Impression“ und im gleichen Jahr stellte Jil Sander ihre erste Kollektion vor. Dies alles war Ausdruck der Aufbruchstimmung, die in Deutschland in Sachen Mode herrschte, denn deutsche Mode hatte bis dato über die Heinz-Oestergaard-Kollektionen hinaus nicht viel Kreatives zu bieten.
Das Leben in den 70ern
Flowerpower, Romantiklook und Stricksachen allein waren nicht alles in der Mode der 70er Jahre. Bell Bottons waren trendy, Midiröcke, Volants und Poloblusen, Stehkragen und last, but not least der Military-Look mit Parkas und Camouflagedessins waren angesagt. Bluejeans, Peace-Zeichen, Sonnenbrillen, Hot Pants und Faltenröcke gehören zur Mode der 70er Jahre genauso wie Catsuits, Lurex, Satin und Schlaghosen. Die waren Auswirkungen der Saturday-Night-Dance-Filme und der aufschlagenden Discowelle. Musikalisch passte dazu allenfalls noch der Glam Rock, völlig konträr aber war der aufkommende Punk. Mit ihm die zunehmende Popularität der Vivienne Westwood und ihrer Punkstyles aus den 70ern.
Nicht weniger kultig kreierte in Paris Yves Saint Laurant mit Rive Gauche exklusive Prêt-à-porter-Mode. Zusammen mit Sonia Rykiel und Hubert de Givanchy war auch er Trendsetter in der internationalen Mode der 70er.
Aus den USA kamen neue Jeans, Poloshirts und Surferstyles, italienische Schuhe waren die Musthaves schlechthin.
Viele Fashionhighlights aus dieser Zeit erleben auch heute wieder ein Revival. Im Rückblick waren es zehn sehr bewegte Jahre:
Am 10. Januar 1971 starb Coco Chanel. 1973 kehrte der Minirock zurück. „Slinky-Look“ hieß das modische Revival der 1930er Jahre, riesige Sonnenbrillen orientierten sich an Hollywoods Diven und Jean-Paul Gaultier stellte seine erste Kollektion 1976 vor.
Gegen Ende des Jahrzehnts kommt immer mehr Punkmode im „Brutal-Look“, Wegbereiter war der egozentrische französische Designer Claude Montana, bevor mit den 1980er Jahren Karottenhosen, Dauerwellen, Neonfarben, Stirnbänder und Pastellfarben zu Trends wurden.